Sechs Personen suchen einen Autor aufgeführt im Jahr 2003
Regie: Bernhard Rothschädl
ZUM STÜCK
Offene Bühne. Normaler Probenvormittag.
Da erscheinen auf der Bühne
sechs Personen, die mit dem Theater
nicht das Geringste zu tun haben:
eine Familie in Trauerkleidern, Vater,
Mutter und vier Kinder.
Sie suchten einen Autor, der das
Drama schriebe, das sie mitbrächten
- ihr Familiendrama. Sie seien "Bühnenfiguren" - Rollen, die nach
Gestaltung verlangten.
Die Schauspieler dagegen seien
Menschen, die nach Rollen suchten;
was gäbe es also Besseres, als dass
die Schauspieler aus den Rollen
Gestalten machten.
Aus diesen dialektischen Gegenpositionen
baut sich das Stück so
auf, dass die Familie ihr Schicksal,
das wie ein furchtbarer Druck auf
ihr lastet, vor den Theaterleuten
darstellt. Gefesselt vom skandalösen
Angelpunkt, um den das Familiendrama
kreist, versuchen die Schauspieler
den "Rollen" zu wirklichem
Bühnenleben zu verhelfen, jedoch sie
ernten bei den sechs Personen nur
Verzweiflung und Gelächter. Diese
sind ihrerseits aber auch nicht im
Stande, eine einheitliche Interpretation
entgegen zu setzen, weil jeder
die Geschichte anders sieht und es
deshalb so viele Wahrheiten wie
handelnde Figuren gibt. (nach Karl H. Ruppel)
ZUM AUTOR
Luigi Pirandello
- geb. am 28. Juni 1867 in Sizilien
- Studium der Philosophie und Sprachwissenschaften in Rom und Bonn
- Professor für Literaturgeschichte in Rom
- erst mit über 50, begann er für die Bühne zu schreiben
- 1925 Gründung eines eigenen Theaters in Rom
- 1934 Nobelpreis für Literatur
- gest. am 10. Dezember 1936 in Rom
Pirandellos einziges Thema, das er in
allen seinen Stücken mit einer
bohrenden Dialektik abwandelt, ist
die ständige Umkehrbarkeit von
Schein und Sein. Der Mensch ist
weder als natürliches noch als
gesellschaftliches Wesen eindeutig
fixierbar und einer eigenen
Wirklichkeit nie völlig sicher.
Pirandello nennt sein dramatisches
Werk "maschere nude": die Maske
verhüllt das Nackte, der Schein
verhüllt das Sein, aber die paradoxe
Möglichkeit, dass in der Maske das
Nackte auch hervortreten kann,
verhindert jede Gewissheit über die
Wahrheit und Wirklichkeit der
menschlichen Existenz.